Ursachen, Symptome, Behandlung und Vorbeugung
Fast jeder Pferdebesitzer kennt das: Du kommst morgens in den Stall, öffnest die Boxentür und dein Pferd steht mit geschwollenen Beinen da. Besonders in den kälteren Monaten wie Herbst und Winter, wenn die Bewegung oft zu kurz kommt, tritt dieses Phänomen gehäuft auf. Doch was steckt eigentlich dahinter? Ist das schlimm? Was kannst du dagegen tun – sowohl im akuten Fall als auch zur Vorbeugung?
In diesem Ratgeber erfährst du alles Wichtige über Ursachen, Symptome und Behandlung sowie darüber, wie du angelaufene Beine mit der richtigen Fütterung, Ergänzungsfuttermitteln und Hausmitteln vorbeugen kannst.
Was sind angelaufene Beine beim Pferd?
Dabei handelt es sich um eine Schwellung im unteren Bereich der Pferdebeine, meist im Bereich der Fessel oder des Röhrbeins. In den meisten Fällen ist die Schwellung beidseitig und tritt an den Hinterbeinen auf, seltener an den Vorderbeinen. Die Ursache ist häufig ein Lymphstau, also eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe, weil das Lymphsystem nicht ausreichend arbeitet. Besonders bewegungsarme Zeiten fördern dieses Problem.
Ursachen – Warum hat mein Pferd angelaufene Beine?
Es gibt verschiedene Ursachen dafür. Die wichtigsten sind:
1. Bewegungsmangel
Wenn ein Pferd über einen längeren Zeitraum in der Box steht – etwa über Nacht oder bei schlechtem Wetter über mehrere Tage –, kann sich die Lymphzirkulation verlangsamen. Die Lymphe staut sich und das Bein schwillt an. Gerade im Winter, wenn weniger Auslauf möglich ist, sind viele Pferde davon betroffen.
2. Stoffwechselprobleme
Ein träger Stoffwechsel kann die Lymphzirkulation ebenfalls negativ beeinflussen. Besonders im Fellwechsel ist der Körper deines Pferdes stark gefordert, was zu Lymphstau führen kann.
3. Entzündungen oder Infektionen
Ernstere Ursachen wie eine Phlegmone (bakterielle Entzündung des Lymphsystems) oder eine Verletzung sollten ebenfalls ausgeschlossen werden. Hier ist der betroffene Bereich meist warm und schmerzhaft.
4. Fütterung und Haltung
Auch eine zu eiweißreiche Fütterung, ein Mangel an bestimmten Nährstoffen oder ungeeignete Haltungsbedingungen können das Risiko für angelaufene Beine erhöhen.
Symptome – Woran erkennst du angelaufene Beine?
Angelaufene Beine erkennst du beim Pferd in erster Linie an einer Schwellung im unteren Bereich der Beine, besonders häufig an den Hinterbeinen. Die Schwellung kann ein- oder beidseitig auftreten. Meist sind jedoch beide Hinterbeine betroffen, wenn es sich um einen einfachen Lymphstau handelt.
Typische Merkmale im Überblick:
- Weiche, teigige Schwellung im Bereich der Fessel, des Röhrbeins oder des Sprunggelenks
- Die Beine wirken aufgedunsen und das Hautbild ist glatter als gewöhnlich.
- Keine bis geringe Wärmeentwicklung – bei einem normalen Lymphstau fühlt sich die Schwellung kühl oder maximal handwarm an.
- Dein Pferd zeigt in der Regel keine Schmerzreaktion beim Abtasten.
- Keine Lahmheit, die Bewegungen sind unbeeinträchtigt.
- Die Schwellung ist morgens nach der Boxenruhe am stärksten ausgeprägt und geht nach Bewegung oft deutlich zurück oder verschwindet ganz.
Verlauf der Symptome
Oft bemerkt man die angelaufenen Beine am nächsten Morgen, wenn das Pferd über Nacht gestanden hat. Typischerweise normalisieren sich die Beine im Laufe des Tages wieder – insbesondere, wenn das Pferd sich frei bewegen kann oder leicht gearbeitet wird. Diese dynamische Veränderung ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu entzündlichen Erkrankungen, bei denen die Schwellung bestehen bleibt oder sich verschlimmert.
Bei manchen Pferden treten angelaufene Beine auch periodisch auf, beispielsweise in Übergangszeiten wie dem Fellwechsel oder bei nasskaltem Wetter. Dies kann auf eine temporäre Belastung des Lymphsystems oder auf eine Stoffwechselschwäche hinweisen.
Wann ist Vorsicht geboten?
Es gibt einige Warnzeichen, bei denen du unbedingt einen Tierarzt hinzuziehen solltest:
- Die Schwellung ist einseitig und stark ausgeprägt.
- Das Bein ist deutlich wärmer als normal oder heiß.
- Dein Pferd zeigt Schmerzreaktionen beim Abtasten.
- Es tritt eine Lahmheit auf oder das Pferd entlastet das Bein.
- Die Schwellung breitet sich schnell aus oder geht mit Fieber, Mattigkeit oder Appetitlosigkeit einher.
In solchen Fällen kann eine ernsthafte Erkrankung wie eine Phlegmone, eine Lymphangitis oder eine tiefere Gewebsinfektion vorliegen. Hier ist schnelles Handeln wichtig, um Folgeschäden zu vermeiden.
Unterschiede: Lymphstau vs. Entzündliche Schwellung
Merkmal |
Lymphstau (harmlos) |
Entzündliche Schwellung (z. B. Phlegmone) |
Auftreten |
Häufig morgens nach Boxenruhe |
Plötzlich, oft innerhalb weniger Stunden |
Seiten |
Meist beidseitig (vor allem Hinterbeine) |
Meist einseitig |
Schwellung |
Weich, teigig, gleichmäßig verteilt |
Hart oder stark geschwollen, oft unregelmäßig |
Wärmeentwicklung |
Keine oder nur leicht erhöht |
Deutlich fühlbare Wärme oder Hitze |
Schmerzreaktion |
Keine oder sehr gering |
Deutlich schmerzhaft beim Abtasten |
Beweglichkeit |
Pferd läuft normal, keine Lahmheit |
Lahmheit, Schonhaltung, evtl. Bewegungseinschränkung |
Verlauf bei Bewegung |
Bessert sich schnell durch Bewegung |
Verschlechtert sich oder bleibt unverändert |
Allgemeinbefinden |
Normal, kein Fieber |
Häufig Fieber, Mattigkeit, evtl. Appetitlosigkeit |
Behandlung nötig? |
Meist nicht, Bewegung und Pflege reichen |
Unbedingt tierärztliche Behandlung nötig |
Behandlung – Was tun bei angelaufenen Beinen?
Wenn dein Pferd gelegentlich angelaufene Beine hat, ist das in der Regel harmlos, kann aber langfristig ein Hinweis auf Stoffwechselprobleme oder Haltungsdefizite sein. So kannst du dein Pferd behandeln:
1. Bewegung, Bewegung, Bewegung!
Die einfachste und effektivste Maßnahme ist Bewegung. Schon ein kleiner Spaziergang kann helfen, die Lymphflüssigkeit abzutransportieren. Wenn dein Pferd viel steht, z. B. in der Box oder bei schlechten Witterungsverhältnissen, solltest du tägliche Bewegung fest einplanen.
2. Kühlung oder Bandagen
Leichte Kühlung kann helfen, besonders bei wärmeren Schwellungen. Du kannst auch Kompressionsbandagen verwenden, aber Vorsicht: Diese sollten korrekt angelegt werden, um keine Schäden zu verursachen.
3. Hausmittel
Ein bewährtes Hausmittel ist das Einreiben mit kühlenden Gels oder Kräuterauszügen, zum Beispiel mit Arnika, Rosskastanie oder Kamille. Auch kühlende Tonerde-Packungen sind beliebt und helfen, das Gewebe zu entlasten.
Erste Hilfe bei geschwollenen Beinen – Was tun im Notfall?
Wenn du bei deinem Pferd eine ungewöhnliche Schwellung am Bein bemerkst, ist schnelles und ruhiges Handeln wichtig. Auch wenn es sich „nur“ um angelaufene Beine handelt, gibt es einige Punkte zu beachten:
Das kannst du sofort tun:
- Bein genau anschauen und abtasten
- Fühlt sich das Bein warm oder sogar heiß an? Zeigt dein Pferd eine Schmerzreaktion beim Abtasten? Tritt es normal auf? Diese Informationen helfen dir, die Situation besser einzuschätzen.
- Temperatur messen: Hat dein Pferd Fieber? Und zwar über 38,5 °C? Dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Entzündung.
- Bewegung ermöglichen: Führ dein Pferd für 10–15 Minuten im Schritt. Bildet sich die Schwellung dabei deutlich zurück, spricht das für einen harmlosen Lymphstau.
- Kühlen: Bei Verdacht auf eine Entzündung kann vorsichtiges Kühlen mit kaltem Wasser oder einer Kühlmanschette helfen, Schwellung und Schmerzen zu lindern. Achtung: Nicht eiskalt und nie länger als 20 Minuten am Stück!
- Notizen machen: Dokumentiere, wann die Schwellung aufgetreten ist, wie sie aussieht und ob weitere Symptome wie Lahmheit oder Fieber vorhanden sind. Das hilft dem Tierarzt später enorm weiter.
Ein gut sortierter Stallapotheken-Schrank mit Fieberthermometer, Kühlgamaschen, Desinfektionsmittel und Bandagen ist im Ernstfall Gold wert. Wenn du dir nicht sicher bist, gilt: Lieber einmal zu viel den Tierarzt rufen als zu spät.
Vorbeugen: So kannst du angelaufene Beine verhindern
1. Fütterung optimieren
Die Fütterung spielt eine große Rolle bei der Vorbeugung. Achte auf:
- hochwertiges, strukturreiches Raufutter
- Vermeide eine zu hohe Eiweißzufuhr.
- ein ausgewogenes Verhältnis von Mineralstoffen.
- Unterstützung des Stoffwechsels durch Kräuter wie Mariendistel, Brennessel oder Löwenzahn.
2. Ergänzungsfutter für das Lymphsystem
Es gibt spezielle Ergänzungsfuttermittel, die das Lymphsystem und den Stoffwechsel gezielt unterstützen. Diese enthalten meist:
- Kräuter (z. B. Birkenblätter, Brennnessel, Goldrute),
- Antioxidantien zur Zellunterstützung
- L-Carnitin, um den Fettstoffwechsel zu verbessern.
Sprich vor der Gabe von Ergänzungsfuttermitteln am besten mit deinem Tierarzt oder einem Fütterungsexperten.
3. Überprüfe die Haltung
- Möglichst viel Bewegung (Weidegang, Paddock, Führanlage).
- Ausreichend Einstreu, damit sich das Pferd gerne hinlegt.
- Wechsel zwischen Stehen und Bewegung ermöglichen.
Fazit
In vielen Fällen sind angelaufene Beine beim Pferd harmlos, sie können aber auch auf Probleme im Lymphsystem, Bewegungsmangel oder Stoffwechselprobleme hinweisen. Mit der richtigen Mischung aus Bewegung, angepasster Fütterung, Ergänzungsfuttermitteln und etwas Aufmerksamkeit kannst du deinem Pferd aber sehr gut helfen – und angelaufene Beine sogar ganz vermeiden.
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